Raps in Luxemburg- eine Kultur von gestern oder eine Ölpflanze mit Zukunft?

Im Rahmen von Untersuchungen des Grund- und Trinkwassers werden immer häufiger Pflanzenschutzmittelwirkstoffe und deren Abbauprodukte (Metaboliten) nachgewiesen. Die Konzentrationen liegen dabei des Öfteren über dem Trinkwassergrenzwert von 100 ng/l. Während in der Vergangenheit vorrangig Atrazin und dessen Abbauprodukte im Fokus standen, wird mittlerweile aber auch vermehrt eine Reihe anderer Pflanzenschutzmittel und deren Metabolite  (Metolachlor- ESA, Metolachlor-OXA, Metazachlor-ESA, Metazachlor-OXA, Bentazon…) nachgewiesen.

Am 11. Februar 2015 beschloss der Regierungsrat bekanntlich ein landesweites Einsatzverbot des Wirkstoffes S-Metolachlor. Desweitern wurde ein komplettes Anwendungsverbot für den Wirkstoff Metazachlor in den provisorisch und definitiv ausgewiesenen Wasserschutzgebieten (WSG) sowie im Einzugsgebiet der Obersauer Talsperre beschlossen. Außerhalb der WSG darf der Wirkstoff nur noch alle 4 Jahre mit maximal 750 g/ha eingesetzt werden.

Sind für ersteres (S-Metolachlor) genügend Alternativen vorhanden, so stellt das komplette Einsatzverbot von Metazachlor die Rapsanbauer in den WSG doch vor große Herausforderungen. Bei den aktuell zugelassenen Rapsherbiziden (Centium, Quantum Power, Successor 600/Koban, Effigo und Stomp Aqua) gibt es nämlich Wirkungslücken. Mit diesen Produkten dürften komplett unkrautfreie Rapsbestände in den WSG der Vergangenheit angehören. Desweitern ist vor allem Centium aus umwelttechnischen Aspekten nicht unumstritten.

Die positiven Aspekte der Rapskultur sind aber nicht zu vernachlässigen. Der Rapsanbau ist wirtschaftlich gesehen sehr lukrativ und bei einer integrierten Bewirtschaftung der Ackerparzellen gesetzt. Im Herbizid-Resistenzmanagement ist der Raps ein wichtiger Baustein. Im Getreide nur noch schwerbekämpfbare Ungräser lassen sich durch den Wirkstoffwechsel im Raps gut bekämpfen. Der hohe Vorfruchtwert sowie die quasi ganzjährige Bodenbedeckung sind weitere Argumente die für die Vorzüglichkeit des Rapses sprechen. Von den Imkern wird der Raps zudem als größten Honiglieferanten geschätzt.

Aus diesem Grund startet die FILL (Fördergemeinschaft Integrierte Landbewirtschaftung Luxemburg) im Sommer ein Pilotprojekt mit dem Titel: „Effiziente Fruchtfolgen in der Luxemburger Landwirtschaft“. Hierbei handelt es sich um ein Forschungsprojekt für einen nachhaltigen Wasser- und Bodenschutz sowie für mehr Biodiversität. Prioritär sollen Lösungsansätze zur aktuellen Metazachlor-Problematik erarbeitet werden. Dabei geht es um die Optimierung des Rapsanbaus im Hinblick auf einen reduzierten Herbizid Einsatz. Durch die Erweiterung der Fruchtfolgen wird ein aktiver Beitrag zur Verbesserung der Artenvielfalt geleistet.

Konkret soll auf zwei Ebenen in standortangepaßten Feldversuchen  (WSG im Luxemburger Sandstein, Einzugsgebiet Stausee Esch-Sauer, Umgebung LTA Versuchsparzellen in Bettendorf) geforscht werden. Auf einer ersten Ebene steht die Diversifizierung der Fruchtfolge im Vordergrund, hierbei soll der Raps durch andere Ölpflanzen ersetzt werden und ein Vergleich zwischen mehreren fünfgliedrigen Fruchtfolgen stattfinden. Auf einer zweiten Ebene sollen dann speziell im Raps verschiedene Anbauverfahren miteinander verglichen werden.

In der ersten Variante des Feldver-suchs wird der Raps mit alternativen, Metazachlor-freien, Herbizidmischungen behandelt. In zwei weiteren Varianten soll eine rein mechanische Unkrautbekämpfung durchgeführt werden; zum einen durch das Striegeln zum anderen durch das Hacken bei weiteren Reihenbeständen. Untersaaten (Sommerwicken, Alexandrinerklee, Futterlinse...) im Raps werden bei „weiten Reihen“ zur Unkrautunterdrückung geprüft

Als letzte Variante sollen Mischsaaten ausgesät werden. Hierunter versteht man den zeitgleichen Anbau verschiedener Kulturen auf der gleichen Fläche.

Öllein, Leindotter, Saflor, Ölmohn, Ölhanf sowie Sonnenblumen sind ölproduzierende Pflanzen die als mögliche Substituenten der Rapskultur in einer weiten Fruchtfolge in Frage kommen. Verschiedene dieser Kulturen stellen den Anbauer jedoch vor gewisse Herausforderungen wie eine schwierige Kulturführung, eine extrem langsame Jugendentwicklung mit niedriger Unkrautunterdrückung oder fehlende Abnehmer. Derzeit erscheinen Öllein und Leindotter am vielversprechendsten und sollen deswegen in den Feldversuchen angebaut werden.

Der Wissenstransfer in die landwirtschaftliche Praxis wird durch das sofortige Einbeziehen der neuesten Erkenntnisse in die Erstausbildung der Ackerbauschule, die Vor-Ort Beratung der Landwirte sowie große Sensibilisierungskampagnen stattfinden.

Das von den drei Ministerien (Landwirtschaft, Nachhaltige Entwicklung und Infrastrukturen sowie Hoch-
schule und Forschung) finanzierte
Projekt soll im Sommer 2015 starten und 5 Jahre andauern. Hauptakteure sind die Landwirtschaftskammer (LWK), die Ackerbauschule (LTA) sowie das neugegründete Luxembourg Institute of Science and Technologie (LIST). Demnach kann die Eingangsfrage über die Zukunftsfähigkeit der Rapskultur in den Wasserschutzgebieten zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschließend geklärt werden. Vor der Auswertung der Versuchsergebnisse können keine fundierten Aussagen getroffen werden. Fachberater von der Landwirtschaftskammer gaben dabei die nötigen Erklärungen.

Guy Steichen/LWK


 

Fotogalerie Foire Agricole 2023