Die Reben bluten – Start in die Vegetation 2022

 

Die Winterarbeiten sind weit vorangeschritten und nahezu alle Weinberge an der Luxemburger Mosel sind geschnitten und gebunden. Die Temperaturen steigen und die Weinreben starten in die neue Saison.

Aktuelle Situation
Die Reben bluten (Abbildung 1). Daran erkennt der Winzer schnell, dass das Frühjahr kurz bevorsteht. Was sich brutal anhört ist dabei ein ganz natürlicher und schöner Prozess an der Weinrebe. Das Bluten der Rebe oder auch Tränen der Rebe genannt ist ein Reinigungsprozess der Rebe. Hier werden die Transportbahnen von Wasser und Nährstoffen gespült und der Saftfluss in die Augen (Nodien) beginnt, der Austrieb steht kurz bevor.



Des Weiteren dient diese Flüssigkeit als Reinigung und Heilung der Wunden, die der Winzer durch den Rebschnitt hinterlassen musste. Die tropfende Flüssigkeit an den Schnittwunden der Rebe ist eine zuckerhaltige, wässrige Lösung. Der Zucker hierin kommt aus den für die Überwinterung eingelagerten Reservestoffen in Form von Stärke. Die formellen Arbeiten zur Vorbereitung für den Pflanzenschutz und die Weinbergspflege sind vorangeschritten, somit kann der Winzer oder die Winzerin nun das Weinbergsmanagement im Außenbetrieb beginnen. In der Kellerwirtschaft sind vielerseits schon alle Filtrationen abgeschlossen und die neuen Weine aus dem 2021er Jahrgang sind abgefüllt. Rundum sprechen die Winzer von einem guten Jahrgang, der uns in der Flasche erwartet.

Traubenwickler
Die erste Maßnahme zum Pflanzenschutz ist die Ausbringung der Pheromonfallen gegen den Traubenwickler (Abbildung 2), was immer so Ende März bis Anfang April geschieht. Der Traubenwickler startet seine Flugphasen ab 620°C Temperatursumme, daher kann das immer etwas variieren im Jahr. Der Traubenwickler ist eine Motte und hat drei Generationen pro Jahr die auftreten können, den Heu- Sauer- und Süßwurm. Alle drei Generationen nisten in Gescheinen oder Trauben der Weinrebe und sorgen so für erhebliche Fäulnisprobleme und Ertragsausfälle. Um die Männchen für die Begattung anzulocken, versprüht das Weibchen des Traubenwicklers einen Duftstoff. Dieser Duftstoff wird in den Pheromonfallen ausgebracht. Durch die starke Überkonzentration an diesem Duftstoff wird das Männchen verwirrt und kann die Weibchen nicht ausfindig machen.



Die Vermehrung der Traubenwickler wird so ganz einfach und biologisch verhindert. Da die Ampullen des Duftstoffes aus Plastik bestehen, ist es wichtig, diese am Ende des Jahres wieder einzusammeln und ordnungsgemäß zu entsorgen. Der Einsatz von Insektiziden ist demnach auch nicht mehr nötig. Weil das Verfahren wesentlich kostenintensiver als ein Insektizideinsatz ist, wird der zusätzliche Kostenaufwand durch eine Prämie kompensiert.

Bodenmanagement
Das Frühjahr ist auch immer die Zeit für die Bodenbearbeitung in den Weinbergen. Nach den Regenfällen im Winter und den jetzt steigenden Temperaturen wird der Boden in den Gassen der Weinberge wieder angetrocknet und die Befahrbarkeit wird wiederhergestellt. Sobald die abgeschnittenen Triebe gehäckselt sind, wird mit der Bearbeitung des Unterstocks sowie den Fahrgassen begonnen. Auf Grund des vorbildlichen Verbotes von Glyphosat im Weinbau, sind die Luxemburger Winzer und Winzerinnen vermehrt auf alternative Strategien zur Bearbeitung des Unterstockbereiches umgestiegen. Hier wird mittels Rollhacken und Pflugscheiben der Boden zwischen den Rebstöcken mehrmals im Jahr umgeworfen und gelockert. Durch diese Bearbeitung werden aufkeimende Kräuter und Pflanzen effektiv klein gehalten. Umso trockener und brüchiger der Boden hier ist, desto besser ist das Arbeitsergebnis. Die technischen Fortschritte für die Bearbeitung des Unterstockbereiches schreitet stetig voran, dem Winzer werden verschiedenste Möglichkeiten gegeben.

Bei der Bearbeitung der Fahrgassen muss ebenfalls mit Vorsicht gearbeitet werden. Es ist wichtig eine feste und gut befahrbare Gasse zum Ende der Vegetationsphase zu haben. In der Regel bietet es sich an jede zweite Gasse zu lockern und die anderen Gassen begrünt zu lassen. Je nach Standort muss hier variabel gearbeitet werden. Das Grubbern bzw. lockern der tieferen Bodenschichten ist im Jahresverlauf meist nur im Frühjahr möglich, da zu späteren Zeitpunkten im Jahr jede Gasse im Weinberg befahren werden muss. Eine tiefe Bearbeitung der Bodenschichten bedarf aber auch immer einer Nacharbeit, um nach oben gezogene Erdbrocken einzuebnen. Dies kann anschließend mit Säkombinationen genutzt werden, um artenreiche Begrünungen für die Nützlingsförderung einzusäen. Insbesondere in Steillangen ist immer der Faktor Erosion also die Abschwemmung von Erde im Hinterkopf zu behalten. Dies gilt es unbedingt zu vermeiden.

Rebschutzsaison 2022
Der Pflanzenschutz ist in hiesigen Regionen die aufwendigste maschinelle Arbeit. Um die Winzer über die aktuellen Mittel, verschiedene Strategien und Empfehlungen zu informieren, lud das Institut viti-vinicole zur Rebschutztagung ein. Herr Serge Fischer und Herr Christopher Simon referierten an der von der Protvigne organisierten Veranstaltung über den ökologischen sowie integrierten Weinbau. Viele interessierte Winzer und Winzerinnen von der luxemburgischen Mosel nahmen an dem informellen Event teil. Wie der Winzer oder die Winzerin letztendlich seine Pflanzenschutz-Strategie gestaltet ist individuell zu sehen.



Es ist wichtig eine gute Bindung zwischen der Beratung und der Winzerschaft zu pflegen. Nur im Team können kritische Situationen bewältigt werden und Theorie sowie Praxis optimal miteinander verknüpft werden. Aus der letztjährigen Pflanzenschutzsaison konnte wieder viel Neues gelernt werden. Bei so feuchten Bedingungen wie im letzten Jahr, fühlen sich die Pilzkrankheiten wie der Falsche Mehltau (Plasmopara viticola) an der Rebe besonders wohl. Um die bestmögliche Strategie zu treffen, muss die Pflanzenschutzsaison gut vorbereitet sein, man muss aber auch in den richtigen Situationen die Lage erkennen und schnell reagieren. Dies wird auch dieses Jahr wieder zur Herausforderung für die Winzerschaft werden.
Das gesamte Team des Institut viti-vinicole wünscht der Winzerschaft viel Erfolg für die neue Saison und gratuliert dem Alcovit herzlich zur 500. Ausgabe.