Alcovit N° 510

Stallbau aktuell: (von Pit Bosseler)

Erhöhte Fressstände: Positiv für Tier und Umwelt

Die modernen Laufställe für Milchkühe bieten neben arbeitswirtschaftlichen Vorteilen mehr Bewegungsfreiheit für die Tiere. Ein Nachteil des größeren Platzangebots ist allerdings die größere, mit Kot und Harn verschmutzte Fläche. Dies führt auch zu höheren Emissionen von Ammoniak. Ziel muss es deshalb sein, die stark verschmutzte Fläche im Stall zu reduzieren. Mit einer zusätzlichen Strukturierung des Laufbereichs lässt sich dies erreichen.

 

Zielkonflikt: Futteraufnahme und Laufganghygiene
Im Fressbereich fällt mit einem Anteil von 70 Prozent der meiste Kot an. Je häufiger Kühe den Fressgang besuchen, desto intensiver ist die mechanische, chemische und bakterielle Belastung der Klauen. Um die Klauen gesund zu halten und Emissionen zu senken, sollte dieser schnell gereinigt werden. Dabei ist die Laufganghygiene im Fressgang einem Zielkonflikt unterworfen: Einerseits ist regelmäßiges Reinigen nötig, andererseits stört der Mistschieber bei der Futteraufnahme, wenn er innerhalb von zwei Stunden nach der Futtervorlage zum Einsatz kommt.

Stufen trennen Funktionsbereiche ab
Der erhöhte Fressbereich mit Fressplatzabtrennungen (=Fressstände) unterteilt den Laufgang in einen Fress- und einen Laufbereich. Dabei erhalten die Tiere eine gezielt auf die Funktion ausgerichtete Standfläche für das Fressen. Dies kann mit einer Erhöhung der Standfläche gegenüber dem Laufgang um rund zehn Zentimeter erreicht werden. Mit Blick auf das Tierwohl lautet die gängige Empfehlung beim Stallbau, möglichst keine Stufen einzubauen. Für den Laufbereich ist dieser Ansatz sicher richtig. Bei der Trennung von Funktionsbereichen kann aber unter Umständen eine Stufe nötig sein, so auch bei Liegeboxen. Bei Fressständen ist eine Erhöhung notwendig, damit die Tiere die Standfläche als solche erkennen.

Positives für die Umwelt
Im Emissionsversuchsstall für Milchvieh von Agroscope in Tänikon wurde die Maßnahme „mit Fressstände“ mit der in der Praxis am häufigsten verbreiteten Bauweise „ohne Fressstände“ verglichen. Erste Ergebnisse zeigten für Fressstände je nach Jahreszeit eine Minderung der Ammoniak-Emissionen von rund 8–19 % gegenüber der Referenz ohne Fressstände (Schrade et al. 2017, Zähner et al. 2019). Dabei war die stark verschmutzte Fläche bei der Variante mit Fressständen gegenüber der Variante ohne Fressstände um rund 9 % reduziert. Saubere Laufflächen verbessern zusätzlich zur Emissionsminderung das Stallklima.

Baulich-Technische Maßnahmen
Die Erhöhung ist notwendig, damit die Tiere die Standfläche als solche auch erkennen. Sie lernen in kurzer Zeit, dass sie auf der Standfläche vom Entmistungsschieber nicht gestört werden. Ein Gefälle zum Laufbereich hin von 3 % (zumindest im hinteren Bereich der Standfläche) ermöglicht das Abfließen des Harns von der Standfläche. Die Tiefe der Fressstände ist auf die Größe der Tiere auszurichten. Bei den heute üblichen Tiergrößen mit einer Widerristhöhe von 140–150 cm wird eine Tiefe von 160 cm empfohlen. Wichtig ist, dass die Kühe in einer normalen Stehposition mit allen vier Klauen auf der erhöhten Fläche stehen können. Um die stark verschmutzte Fläche zu reduzieren, sollte die Breite des Laufganges hinter der erhöhten Standfläche kleiner sein als bei einem System ohne Fressstände. Um einen möglichst ungestörten Tierverkehr zu ermöglichen, ist eine Gangbreite von 260 cm zu empfehlen. Damit die Standfläche möglichst sauber und trocken bleibt, sind Fressplatzabtrennungen nach mindestens jedem zweiten Fressplatz. Insbesondere bei den freitragenden Abtrennungen ist ein besonderes Augenmerk auf die Befestigung der Abtrennung vorne zu legen, da dort aufgrund der Hebelwirkung große Kräfte einwirken können, wenn die Kühe gegen die Abtrennung stoßen. Auch bei Fressständen haben sich weiche Böden aus Gummi bewährt – immerhin soll die Kuh hier möglichst viel Zeit verbringen. Stallmatten aus Gummi sind das Mittel der Wahl, um gleichzeitig den Stehkomfort beim Fressen zu verbessern und das Risiko von Klauenerkrankungen durch Fehlbelastungen effizient zu reduzieren.

Positives für die Tiere
Saubere und trockene Standflächen verbessern die Klauensauberkeit und somit auch die Klauengesundheit. Das Auftreten von Klauenerkrankungen, beispielsweise Mortellaro, wird durch verschmutzte und feuchte Klauen aufgrund verschmutzter Flächen begünstigt. Klauenerkrankungen beeinträchtigen das Wohlergehen und die Leistungsfähigkeit der Milchkühe. Eine hohe Futteraufnahme ist für die Leistungsfähigkeit der Tiere wichtig. Ein unvorteilhaft gestalteter Fressbereich sowie das Unterbrechen des Fressens durch den Entmistungsvorgang können das ungestörte Fressen der Tiere beeinträchtigen. Häufiges Verdrängen von Tieren am Fressplatz durch andere Tiere sorgt zusätzlich für Unruhe. Die Trennung zwischen der erhöhten Standfläche zum Fressen und dem Laufgang mit dem Entmistungsschieber ermöglicht ein höheres Reinigungsintervall (mindestens alle zwei Stunden), ohne die Tiere zu stören. Damit wird eine weitere Reduktion der Laufflächenverschmutzung erreicht. Zudem kann so die Verschmutzung auf der Standfläche vermindert werden, da die Tiere bei sauberen Laufflächen weniger Kot-Harn-Gemisch auf die Standfläche bringen. Insgesamt ist der Arbeitszeitbedarf für die Reinigung der Fressstände im Vergleich zu anderen Stallarbeiten sehr gering. Eine Studie von Prof. Dr. Barbara Benz und Silke Ehrmann zeigt eindrücklich, dass eine erhöhte Standfläche in Verbindung mit abgetrennten Fressplätzen zu einem deutlich ruhigeren Fressverhalten führt. Dazu wurden in einem Praxisbetrieb nachträglich erhöhte Fressstände eingebaut. Daraufhin kamen die Tiere weniger oft zum Fressen, fraßen aber dafür länger. Die Fressdauer stieg um 15 Prozent. Besonders rangniedere Tiere profitieren vom Stehkomfort am Fressplatz, da die Fressplatzteiler das Verdrängen enorm herabsetzen.

Die Erhöhung der Fressstände ist eine Maßnahme, die eine doppelte Wirkung zeigt: Sie verbessert nicht nur das Fressverhalten und die Gesundheit der Tiere, sondern trägt zur Emissionsminderung bei.

Bei Interesse, sei es in einem Neubau oder als Umbaumaßnahme, stehen die Agro-Projekt Berater Ihnen gerne helfend zur Seite.