Landwirtschaftliche Praktika in Europa

Das R4D-Netzwerk bietet der jüngeren Generation interessante Praktikumsmöglichkeiten.

Die Schul-/Studienzeit bietet der jungen Generation die Möglichkeit, Einblicke in unterschiedliche Berufssparten zu erlangen, neue Kontakte zu knüpfen und im Endeffekt sich selbst zu finden. Deshalb sollte ein Praktikum generell als Chance angesehen werden um Neues zu erkunden, neue Bekanntschaften zu schließen und an Lebenserfahrung zu gewinnen. Noch spannender und interessanter sind Praktika im Ausland, um so auch andere Länder und ihre Sitten kennen zu lernen. Man muss nur den Schritt aus der eigenen Komfortzone wagen.

 

Das Resilience for Dairy (R4D) Projekt fördert nicht nur den Austausch zwischen aktiven Landwirten und Beratern, sondern bietet ebenfalls eine Gelegenheit für die jüngere Generation ein Praktikum in einem der 15 verschiedenen Ländern zu absolvieren; sei es auf einem landwirtschaftlichen Betrieb oder bei einer der Partnerorganisationen.

Luxemburg als Gast und Gastgeber
Pauline Mayadoux war die erste Studentin, die im Rahmen von R4D vom Institut de l’Elevage (Idele) in Frankreich zu einem Praktikum ins Lycée Technique Agricole (LTA) vermittelt wurde. Sie kam als Masterstudentin in Übersetzungswissenschaften zu uns und wurde dementsprechend in die Projektarbeit eingebunden. Nach ihrem 5-monatigem R4D-Praktikum entschloss sie sich auf landwirtschaftliche Übersetzungen zu spezialisieren. Mit Stefen Guibon haben wir derzeit den 2. Austauschstudenten im Bereich Kommunikation im LTA.

Auch 2 Schüler aus dem LTA haben ihr Praktikum auf R4D-Pilotbetrieben in Irland respektiv Kiel absolviert. „Meine Praktikumszeit war sehr angenehm und sehr interessant.”, teilte uns Sam Jacoby mit, der mehr als zufrieden war, für sich die Entscheidung getroffen zu haben, dieses Praktikum zu absolvieren. Er hatte die Gelegenheit, auf dem Betrieb von Samantha McCarroll in Nordirland, einen tieferen Einblick in das Weidemanagement zu erlangen. „Sie arbeiten intensiv mit dem sogenannten Backfencing, eine Methode wo man Kuh, Natur und Technologie vereint.”, teilte er uns mit und fuhr erstaunt fort: „Es gelingt ihnen sogar ihre Milchleistung durch den Weidegang zu steigern.” „Auch ihre Blockabkalbung und das gesamte Grünlandmanagement waren sehr interessant.”, ergänzte Sam.

2 unserer Pilotbetriebe haben den Lehrling Johann Thode für jeweils 2 Wochen betreut. Johann war ebenfalls sehr zufrieden mit seinem Aufenthalt: "Als Auszubildender in der Landwirtschaft aus Schleswig Holstein konnte ich mir während meines 4-wöchigen Erasmus+ Aufenthaltes ein Bild von der Landwirtschaft in Luxemburg machen und zwei Betriebe genauer kennenlernen. Dabei habe ich viele neue Dinge gelernt und interessante Erfahrungen gemacht, die ich jetzt und zukünftig hoffentlich auch auf Betrieben in Deutschland einsetzen kann. Auch die Erkundung des Landes und der Stadt Luxemburg kamen nicht zu kurz."

Ungarn erkundet Irland
Was für uns selbstverständlich ist, existiert in anderen Ländern zum Teil noch gar nicht oder ist noch nicht so weit entwickelt. „Wir denken, dass es eine große Chance für uns ist, denn es gibt uns die Möglichkeit, eine völlig andere Kultur, Herangehensweise und Technologie kennenzulernen, und wir können viel verbessern. Zu unseren Aufgaben gehört es, die Tiere zu versorgen, zu melken und zu füttern. Wir haben viel über die Weidehaltung und deren Management gelernt, was in unserem Land nicht üblich ist. Es ist interessant zu wissen, dass auf dem Hof neben Weidegras auch Weiß- und Rotklee verwendet wird. Dies ist ein Versuch, die Nachhaltigkeit zu erhöhen und die Umweltauswirkungen zu verringern, was derzeit noch nicht weit verbreitet ist.“, bedankten sich Pasztor Adrienn und Majer Dorina Agnes aus Ungarn nach ihrem 5-monatigem Aufenthalt in Irland.


Frankreich zu Besuch in Ungarn
So war auch Coline Lacroute nach ihrem Besuch auf der landwirtschaftlichen Messe Hód-Mezőgazda in Hódmezővásárhely überrascht darüber, dass in Ungarn Prim’Holstein die wichtigste Milchviehrasse ist und es dort keine weitere Vielfalt gibt; nicht wie sie es von Zuhause, in Frankreich, gewohnt ist. Auch Unterschiede in der Zucht konnte sie feststellen: „Ich habe sehr produktive Prim'Holstein gesehen und konnte mir die Selektionsarbeit über Generationen hinweg vorstellen. In Ungarn scheint man der Größe des Euters in ihrem synthetischen Selektionsindex eine große Bedeutung beizumessen. Das ungarische Standardmodell für Holstein ähnelt eher amerikanischen Kühen mit übergroßen Eutern. Heutzutage wird bei Holstein in Frankreich nicht mehr auf die Verbesserung des Eutervolumens und der Milchleistung geachtet, sondern eher auf die Milchqualität (insbesondere den Fettgehalt), die Reproduktionsfähigkeit, die Beinform und die Eutergesundheit. Unsere beiden Länder haben nicht die gleichen Zuchtsysteme: In Frankreich sind die meisten Milchviehbetriebe Weidebetriebe und die Landwirte werden auf der Grundlage der Fett- und Eiweißmenge in der Milch bezahlt. In Ungarn habe ich gelernt, dass Milchkühe hauptsächlich im Stall gehalten und 3 oder mehr Mal am Tag gemolken werden, was die Unterschiede in den Selektionszielen zwischen unseren beiden Ländern erklären kann.“

Nur um ein paar Beispiele zu erwähnen. Noch weitere Praktika haben bereits stattgefunden und werden noch stattfinden. Ein Praktikum kann auf Eigeninitiative hin durchgeführt und finanziert werden oder über bestimmte Programme, wie z.B. Erasmus+, angefragt werden. Die R4D Webseite (www.resilience4dairy.eu) enthält eine Übersicht sämtlicher Partnerorganisationen und Pilotbetriebe, die eventuell für ein Praktikum in Frage kommen könnten. Neben einzelnen Praktikumsstellen, können selbstverständlich auch Gruppenausflüge organisiert werden. So empfing z.B. der Lindhof in Kiel letztens 40 dänische Landwirtschaftsschüler von Asmildkloster Landbrugsskole Viborg, welche sich über klimafreundliches Weidemanagement für Milchkühe informieren wollten.