ALCOVIT-Studienreise nach Kanada, ein unvergessliches Erlebnis (3)

Dritter Teil: Das Kitchener Gebiet und die Mennoniten

Die 18. Weltreise von ALCOVIT

Vom 22. August bis 2. September 2015 hatten siebzig Luxembur­ger und Luxemburgerinnen das Glück, unter fachmänniger Lei­tung einen Teil dieses riesigen Landes zu entdecken. Der Fläche nach ist Kanada der zweitgrößte Staat der Erde (fast zehn Millio­nen km2). Kanada ist aufgrund seiner hohen Überschüsse einer der größten Lieferanten von landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Das ist natürlich einer der Gründe, warum das Land als Reise­ziel gewählt wurde. Im Mittelpunkt steht überwiegend Weizen. Hinzu kommt Viehwirtschaft, vor allem Rinderzucht, in den letz­ten Jahren auch wieder die kommerzielle Zucht von Bisons. An den Küsten wird Fischzucht betrieben. Unser Reisebericht umfasst sieben Artikel über Ostkanada im All­gemeinen und fünf Artikel über die wichtigsten landwirtschaftli­chen Besichtigungen.

 

Dritter Teil: Das Kitchener Gebiet und die Mennoniten

In das fruchtbare Land Südontarios wanderten früher viele Deutsche aus.

Die zentrale Stadt Kitchener hieß bis zum 2. Weltkrieg Berlin. Hier wird jedes Jahr das nach München größte Oktoberfest gefeiert.

Die Mennoniten

In der Umgebung von Kitchener leben heute etwa fünfzigtausend Mennoniten. Die Mennoniten gehö­ren einer reformierten Glaubensrich­tung an und wanderten im Laufe der Jahrhunderte vor allem aus Holland und Deutschland nach Nordamerika aus. Typisch für ihre mennonitische Lebenseinstellung ist die Ablehnung der modernen Technik im privaten Bereich. Auf dem Betrieb gibt es kein Auto. Private Ausflüge, Einkäufe und Besuche werden mit der typischen ein- oder zweispännigen Pferdekut­sche erledigt. Das hat die luxembur­gische Reisegruppe miterlebt.

Der Staat wird nicht abgelehnt, aber auch nicht gebraucht. Es werden Steuern gezahlt, doch haben die Mennoniten eigene Schulen und auch ein eigenes Versicherungs- und Hilfesystem. Erstaunlich ist die große Toleranz, die das Nebeneinander so gegensätzlicher Lebensweisen ohne größere Probleme ermöglicht.

Ein Stück Geschichte

Der Ausdruck Mennoniten ist erst­mals 1544 in einem Schreiben ost­friesischer Behörden schriftlich dokumentiert. Er geht auf den nie­derländischen Reformator Menno Simons zurück. Simons war katholi­scher Theologe und konvertierte um das Jahr 1536 zur radikal-reforma­torischen Täuferbewegung. Anders als Luther und Zwingli kamen die Mennoniten zu der Erkenntnis, dass die Taufe ausschließlich dann praktiziert werden sollte, wenn die zu Taufenden sich bewusst für den Glauben entscheiden (Gläubigentau­fe). Dies lehnten sowohl die katho­lische als die reformierte Kirche ab, die weiter an der Kindertaufe fest­hielten.

Die Regierenden und die großen Kirchen sahen in den Täufern eine Gefahr für die Autorität von Staat und Kirche. So setzte bald eine umfassen­de Verfolgung der noch jungen Bewe­gung ein. Die Mennoniten waren daher unter den ersten Deutschen, die nach Nordamerika auswander­ten, wo bis heute ein Großteil der Mennoniten lebt.

Ein Zentrum der Landwirt­schaft

Das Kitchener Gebiet in der Provinz Ontario ist für die kanadische Land­wirtschaft von größter Bedeutung. Dort konnte die luxemburgische Reisegruppe einen preisgekrönten Holstein-Michviehbetrieb sowie einen 600 ha umfassenden Gemü­seproduzenten besuchen. Auf dem Programm standen weiterhin die Besichtigung eines Getreide- und Düngermittellagers. Interessant war auch der Einkauf in einem lokalen Supermarkt. Aus der Region Ontario sind in den letzten Jahrzehnten für die Milchviehhaltung viele Anregun­gen auf den Gebieten der Fütterung, der Haltung und des Managements bis nach Europa vorgedrungen.

Für den Getreideanbau stehen in Kanada fast sechzehn Millionen Hekt­ar zur Verfügung. Getreide umfasst Weizen, Reis, Mais, Gerste, Hafer, Roggen, Hirse, Sorghum, Buchwei­zen und Mischgetreide. Die Wei­zenproduktion in Kanada ist beein­druckend. Im Jahre 2013 betrug sie mehr als sechundsechzig Millionen Tonnen, wobei die Produktionsda­ten sich ausschließlich beziehen auf Getreide, das trocken zur Körnerge­winnung geerntet worden ist.

Mehrere von Pferden gezogene „Planwagen“ warteten auf die Luxemburger ALCOVIT-Gruppe.
Mit „2PS“ wurde die ALCOVIT-Gruppe zu dem ca. 3 km entfernten Mennonitenhof gefahren.
 

 

Blick in einen Anbinde-Milchviehstall für 48 Kühe der Mennoniten. Ähnlich Ställe wie diesen gab es in Luxemburg noch vor ca. 60 Jahren.
Ein Traktor mit Eisenrädern. Nur die Planwagen für den Touristentransport verfügen über die bei uns üblichen Reifen.
Die Kinder der Mennoniten kennen keine Computer. Sie spielen, soweit das Wetter dies erlaubt, immer in der frischen Luft.


Berichterstattung: R. Peters, A. Fuchs & L. Wietor