11. Leguminosentag in Luxemburg
Unter dem Titel: „Lupine, Linse & Co.- Alternative Eiweißquellen für Mensch und Tier in Luxemburg?“ fand am 25.11.2022 bereits zum 11. Mal in Folge der Leguminosentag des Institut fir Biologësch Landwirtschaft an Agrarkultur Luxemburg a.s.b.l. (IBLA) statt. Dieses Jahr erstmalig als Hybridveranstaltung konzipiert, wurden die TeilnehmerInnen an das Lycée Technique Agricole in Gilsdorf eingeladen oder konnten sich über das Internet zuschalten. Insgesamt verfolgten so circa 110 Personen die 8 spannenden und abwechslungsreichen Vorträge von IBLA-Mitarbeitern und internationalen Gastrednern.
In seiner Begrüßung verdeutlichte IBLA-Präsident Claude Felten die Abhängigkeit der luxemburger Landwirtschaft von globalen Handelsketten, etwa beim Bezug von Mineraldünger oder Futtermitteln. Die Corona-Pandemie sowie der anhaltende Ukrainekonflikt haben aufgezeigt, wie volatil diese Handelsketten sind. Während für KonsumentInnen Sonnenblumenöl plötzlich zur Mangelware wurde, mussten LandwirtInnen sich die Frage stellen, wie sie ihr Vieh versorgen und ihre Betriebsmittel bezahlen können. Um dem entgegenzuwirken ist es notwendig, eine möglichst hohe und stabile Eigenversorgung mit Lebensmitteln zu erreichen und dabei die natürlichen Produktionsressourcen wie Boden, Klima und Wasser zu schonen. Die Zeit drängt, unsere Landwirtschaft an diese neuen Herausforderungen anzupassen.
Ein kleiner aber nicht zu unterschätzender Partner bei diesem Anpassungsprozess sind dabei Körnerleguminosen, besser bekannt als Bohne, Linse, Erbse oder Lupine. Wie wichtig Leguminosen für die Anreicherung von Nährstoffen im Boden sind, war bereits Thema vergangener Leguminosen-Tage. Des-halb lag der Fokus der diesjährigen Fachtagung auf dem Potenzial der Körnerleguminosen als Nahrungsmittel für Mensch und Tier in Luxemburg.
Steigende Nachfrage nach Soja
Die Tagung startete mit einem Vortrag von IBLA-Direktorin Dr. Stéphanie Zimmer, welche einen detaillierten Einblick in die Struktur der globalen Handelsketten für Futtermittel und Mineraldünger lieferte. Da Dr. Zimmer leider krankheitsbedingt nicht an der Veranstaltung teilnehmen konnte, wurde ihre Präsentation von den IBLA-Mitarbeiterinnen Laura Leimbrock und Svenja Zelder vorgetragen. Sie stellten dar, wie die immer weiter steigende Nachfrage nach Sojabohnen, vor allem auf dem asiatischen Kontinent, die Verfügbarkeit am Markt reduziert und die Preise in die Höhe treibt. Gleiches gilt für die Import- Abhängigkeit bei Mineraldüngern, die größtenteils in China produziert werden und beispielsweise durch die Schließung des Hafens in Shanghai im Verlauf der Corona-Pandemie nicht exportiert werden konnten.
Die Alternative: heimische Körnerleguminosen
Im nächsten Vortrag stellte Dr. Gerhard Stalljohann, langjähriger Fütterungsreferent an der Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe, die Ergebnisse seiner umfassenden Fütterungsversuche mit Soja-Alternativen für Geflügel, Schwein und Rind vor. Seine Untersuchungen belegen, dass heimische Körnerleguminosen sich durch eine hervorragende Verdaulichkeit und sehr gute Futterwerte auszeichnen. Allerdings kann der Nährstoffgehalt schwanken, deswegen sind Futtermittelanalysen unbedingt regelmäßig durchzuführen. Das als „Toasting“ bezeichnete Erhitzen der Rohware ist bei Lupinen, Erbsen oder Ackerbohnen nicht zwingend notwendig, steigert aber die Verfügbarkeit der enthaltenen Aminosäuren.
Nach einer kurzen Pause präsentierte Mathieu Wolter, Leiter der Sortenversuche am IBLA, unter dem Titel „Körnerleguminosen im Wandel der Zeit“ die Entwicklung des Anbaus in Luxemburg sowie die Ergebnisse der verschiedenen Sortenprüfungen. Diese Ergebnisse zeigen, dass Körnerleguminosen zwar ein großes Potenzial bieten, allerdings standortspezifisch ausgewählt werden müssen. Um das Anbaurisiko für LandwirtInnen zu reduzieren, müssen internationale Zuchtfortschritte auf nationaler Ebene geprüft und Versuche mit neuen Kulturen durchgeführt werden.
Koffeinfreier Ersatz aus Lupinen
Im Anschluss wurde Bio-Landwirt Francis Jacobs aus Kalborn auf die Bühne gebeten, um über seine Erfahrung im Anbau der weißen Lupine zu berichten. In einem Projekt mit dem IBLA wurde ein Teil seiner diesjährigen Ernte durch die Kaffeerösterei Torrefakt zu Lupinenkaffe verarbeitet. Der gesamte Herstellungsprozess wurde in einem Film präsentiert und das fertige Produkt konnte anschließend von den anwesenden TeilnehmerInnen getestet werden.
Nach der Mittagpause startete Prof. Dr. Torsten Bohn vom Luxemburg Institut of Health (LIH) mit seinem Vortrag über die Bedeutung von Protein in der Humanernährung die zweite Hälfte der Tagung. Proteinmangel stellt weltweit weiterhin die bedeutendste Mangelernährung dar. Körnerleguminosen, aber auch Pilzen, Algen und Insekten sind wichtige Hilfsmittel die Welt-ernährung zu verbessern. Dabei wurde herausgestellt, dass pflanzliche Eiweiße zwar häufig eine niedrigere biologische Wertigkeit haben als tierische Eiweiße, diese aber durch Kombination mit Cerealien, Fetten und Vitaminen stark erhöht werden kann.
Linse, Kichererbse und Co.
Im Anschluss stellte Frau Andrea Winterling von der bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) ihr Projekt „Speiseleguminosen BioBayern“ vor. Frau Winterling stellte heraus, dass die Nachfrage nach regional produzierten Leguminosen stetig wächst. Für Landwirte bieten diese Kulturen Möglichkeiten zur Einkommensdiversifizierung, da sie sich aufgrund des geringen Aufwands bei der Verarbeitung gut für den Einstieg in die Direktvermarktung eignen. Allerdings steht der Anbau von Linse, Kichererbse und Trockenbohne noch am Anfang seiner Entwicklung. Diese Entwicklung muss weiter voran getrieben werden, denn nur wenn stabile und gute Qualitäten erreicht werden, kann beim Endprodukt ein realistischer Preis erzielt werden, den der Verbraucher bereit ist zu zahlen.
Es folgte ein Vortrag von Patric Bies, Gründer der Bliesgau-Ölmühle im Saarland, über den Aufbau von regionalen Vermarktungsstrukturen für Körnerleguminosen. Herr Bies betonte die Bedeutung von Medien, um bei KonsumentInnen ein Bewusstsein für den Wert und die Vorzüge heimischer Leguminosen zu schaffen. Hierbei ist auch ein enger Austausch mit der Gastronomie hilfreich, weil bekannte Köchinnen und Köche die Reputation eines unterschätzen Lebensmittels stark beeinflussen können. Dass der Anbau für Linsen auch für luxemburger LandwirtInnen eine interessante Option ist, bestätigte anschließend Herr Daniel Schaaf, Leiter eines Bio- Umstellungsbetriebs der dieses Jahr erstmalig Linsen geerntet hat und zukünftig gerne über den Bio-Fachhandel vermarkten möchte.
Insekten: die Proteinquelle der Zukunft
Die Tagung endete mit einem Impulsvortrag von Dr. Florian Leiber, Leiter des Departements für Nutztierwissenschaften am Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) in der Schweiz. Dr. Leiber präsentierte sein Projekt über die Nutzung von Larven der schwarzen Soldatenfliege als alternative Proteinquelle in der Tierfütterung. Obwohl die Larven eine zum Teil bessere Futterwertigkeit als Sojaprodukte aufweisen, ist die Produktion innerhalb der aktuell geltenden Gesetze kritisch zu betrachten. So erlaubt der Gesetzgeber nur die Nutzung hoch-wertigen Substrats als Futter für die Larven. Stattdessen muss überlegt werden, wie Stickstoff aus minder-wertigen Reststoffen wie Gülle, Klärschlamm oder Gastro-Abfällen als Futtergrundlage genutzt werden kann.
Das IBLA-Team bedankt sich bei allen TeilnehmerInnen für ihr Interesse und bei den GastrednerInnen für ihr Engagement und die spannenden, informativen Vorträge.
Wir würden uns freuen Sie auch im nächsten Jahr auf unserer Fachtagung begrüßen zu dürfen, dann wieder mit einer frischen Perspektive auf die facettenreiche Welt der Leguminosen.