Agroforst als eine Möglichkeit landwirtschaftliche Flächen gegen den Klimawandel zu schützen

Erstes nationales Kolloquium zur Agroforstwirtschaft in Hosingen:
Am Freitag, den 22. November, fand unter dem Leitmotiv „Agroforst – Chance für eine zukunftsfähige Landwirtschaft in Zeiten des Klimawandels“ das erste nationale Kolloquium zum Thema Agroforstwirtschaft im Centre Écologique in Hosingen statt. Organisiert wurde die Veranstaltung, an der mehr als 130 Personen teilnahmen, vom Naturpark Our mit Unterstützung des Ministeriums für Umwelt, Klima und Biodiversität.

Einführung in die Agroforstwirtschaft
Ziel des Kolloquiums war es, den Teilnehmern die Grundlagen der Agroforstwirtschaft näherzubringen und die Bedeutung dieser nachhaltigen Landnutzungsmethode in Zeiten des Klimawandels hervorzuheben. Christoph Meixner, Geschäftsführer und Gründer des Planungsbüros ,,Triebwerk“ aus Eschwege (Hessen), eröffnete die Veranstaltung mit einem umfassenden Überblick über die Agroforstwirtschaft. Er betonte, dass Agroforstwirtschaft nichts neues sei und auch früher schon in Form von Streuobstwiesen weit verbreitet war. Allerdings seien viele dieser Streuobstwiesen durch finanzielle Anreize für die Beseitigung von Gehölzen auf landwirtschaftlichen Flächen in den letzten Jahrzehnten verschwunden. Heutzutage werden zunehmend moderne Agroforstsysteme angelegt, bei denen Baumreihen in Ackerflächen so integriert werden, dass die maschinelle Bewirtschaftung der Fläche wenig eingeschränkt wird (silvoarable Systeme).

Globale und lokale Herausforderungen des Klimawandels
Dana Lang, stellvertretende Leiterin des Bereichs Meteorologie bei der ASTA, beleuchtete in ihrem Vortrag die globalen Herausforderungen des Klimawandels und dessen Auswirkungen auf lokaler Ebene. Sie unterstrich eindringlich, dass die Einhaltung der 2°C-Grenze bei der globalen Erwärmung notwendig sei, um die Lebensgrundlagen der Menschheit und die Stabilität von Ökosystemen langfristig zu sichern. Ein Überschreiten dieser Schwelle würde unumkehrbare Schäden für Natur, Wirtschaft und Gesellschaft nach sich ziehen.

Lang machte deutlich, dass die Zeit für effektives Handeln knapp wird. Das Zeitfenster, um die schlimmsten Folgen des Klimawandels noch abzuwenden, schließe sich zunehmend.

Neben den globalen Risiken hob sie auch die regionalen Folgen des Klimawandels hervor, die bereits jetzt spürbar sind. Dazu zählen in Luxemburg beispielsweise häufigere und intensivere Wetterextreme wie Dürreperioden, Starkregenereignisse und Hitzewellen, die nicht nur die Landwirtschaft, sondern auch die Wasserressourcen und die Biodiversität erheblich belasten.

Auswirkungen des Klimawandels auf Bodenfruchtbarkeit und Abmilderung durch Agroforstsysteme
Dr. Thorsten Ruf, Bodenexperte von der IBLA widmete sich den Auswirkungen des Klimawandels auf die Bodenfruchtbarkeit und hob die potenziellen Vorteile von Agroforstsystemen hervor. Er erläuterte, dass die Bodenfruchtbarkeit durch den Klimawandel zunehmend unter Druck gerät, vor allem durch steigende Temperaturen, veränderte Niederschlagsmuster und häufigere Extremwetterereignisse. Diese Faktoren wirken sich negativ auf die Wasserhaltekapazität, die Bodenstruktur und die Verfügbarkeit von Nährstoffen aus, während gleichzeitig das Risiko von Bodenerosion und Degradation steigt.

Dr. Ruf betonte, dass die Bodentemperaturen durch den Klimawandel deutlich ansteigen, was zu einer beschleunigten Zersetzung organischer Substanzen und damit zu einem Verlust an Humus führen kann. Insbesondere die Erosionsgefährdung sei eine der gravierendsten Folgen, da wertvoller Mutterboden verloren geht, was langfristig die Produktivität landwirtschaftlicher Flächen mindert.

In diesem Kontext hob er die bedeutende Rolle von Agroforstsystemen hervor. Diese können durch die Integration von Gehölzen auf landwirtschaftlichen Flächen den negativen Effekten des Klimawandels entgegenwirken. Bäume schaffen ein stabileres Mikroklima, indem sie Schatten spenden und die Verdunstung reduzieren, was wiederum die Bodentemperaturen reguliert und die Wasserverfügbarkeit erhöht. Gleichzeitig fungieren die Wurzelsysteme der Gehölze als natürliche Barriere gegen Bodenerosion, da sie die Bodenstruktur stärken und das Wasser besser in den Boden leiten.


Praxisberichte von Landwirten
Am Nachmittag berichteten zwei Landwirte aus Deutschland von ihren Erfahrungen:
• Jan Große-Kleimann, Betreiber eines konventionellen Schweinemast- und Ackerbaubetriebes in Steinfurt-Borghost (Niedersachsen), legte im Jahr 2022 ein Apfel-Agroforst an. Auf 10 ha Fläche wurden 20 Birnen und 463 Apfelbäume gepflanzt. Er sieht vor allem Herausforderungen bei der Pflege der Systeme und der fehlenden attraktiven Förderung bzw. Entlohnung der Ökosystemleistungen.
• Felix Riecken vom Eichhof in Schleswig-Holstein beschrieb, wie die extreme Dürre 2018 seine Familie motivierte, ihre Landwirtschaft mit Agroforstmaßnahmen klimaresilienter zu gestalten. Seit 2020 wurden Bäume und Sträucher auf 3 Flächen gepflanzt, und weitere Projekte sind in Planung.

Fördermöglichkeiten und Pilotprojekte in Luxemburg
Zum Abschluss wurden Fördermöglichkeiten der Agroforstwirtschaft für Luxemburg vorgestellt. Mit dem neuen Agrargesetz wurde eine Agroforstförderprämie 554 eingeführt, welche interessierte Landwirte seit dem Jahr 2023 beantragen können. Weitere Infos findet man dazu auf dem Landwirtschaftsportal. Parallel dazu läuft im Naturpark Our ein Agroforst-Pilotprojekt. Dieses richtet sich an Landwirte, deren Flächen auf dem Gebiet der COPIL Éislek liegen. Bereits im Mai 2024 wurde ein erstes Pilotprojekt umgesetzt, weitere sieben Projekte sind in Planung. Dieses Projekt zielt nicht nur auf die praktische Umsetzung verschiedener Agroforstsysteme ab, sondern dient auch der Sensibilisierung und Unterstützung von Landwirten, die sich für diese innovative Landnutzungsmethode interessieren, so die Projektleiterin Lisa Zenners. Weitere Informationen sind auf der Webseite des Naturparks Our zu finden.

Darüber hinaus präsentierte Michel Leytem, Direktor der Naturverwaltung, umgesetzte Projekte der ANF, die in Zusammenarbeit mit Landwirten realisiert wurden. Ein erstes Pilotprojekt wurde im Jahr 2018 in Differdange auf einer Fläche von 33 ha angelegt und im Jahr 2021 folgte ein weiteres in Givenich auf einer Fläche von 6 ha. Auf beiden Ackerflächen wurde Wertholz (Elsbeere, Wildapfel, Walnuss, …) in 3er-Gruppen gepflanzt. Diese Projekte gelten als die ersten großflächigen Agroforst-Pilotprojekte in Luxemburg. Michel Leytem, Mitinitiator des Projektes in Differdange, unterstrich in seinem Vortrag die Wichtigkeit von motivierten Landwirten für die Umsetzung von Agroforstprojekten. Ohne die Landwirtschaft geht es nicht!

Für das kommende Jahr ist ein weiteres Agroforst-Kolloquium geplant, das wieder am 21. November 2025 im Centre Écologique in Hosingen stattfinden wird.