Die Outputs des „Resilience for Dairy“ Projekts

Nach dem offiziellen Abschlussmeeting in Frankreich, nutzten wir als LTA die Gelegenheit, das „Resilience for Dairy“ (R4D) Projekt und die Resultate und Eindrücke aus dem Projekt vor heimischem Publikum vorzustellen. Wie der Name und das Logo bereits verraten, ging es um die Resilienz in Milchviehbetrieben in Europa. Resilienz ist die Fähigkeit eines Betriebes, einen Schock/eine Krise zu überwinden - indem er seine Praktiken ändert - um sich an einen neuen Kontext anzupassen. Insgesamt 15 Länder aus der EU haben über 3 Jahre Zeit und Arbeit darin investiert, mögliche Lösungen zu finden die Milchviehbetriebe in Zukunft resilienter aufzustellen. 

Autor: Caroline Braquet, LTA

Die Bottom-up Herangehensweise
Wichtig zu wissen ist, dass dieses Projekt keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse bringen sollte, sondern den internationalen Austausch zwischen Landwirten, Forschern und relevanten Akteuren des Milchsektors im Fokus hatte. Und dies anhand der Bottom-up Vorgehensweise. D.h. nicht wir haben vorgeschrieben was die Lösungen sein sollen, sondern der Milchsektor wurde anfangs nach seinen Bedürfnissen gefragt und wo in Zukunft Herausforderungen auftreten können. Zugleich wurden auch Lösungen, mögliche Lösungsansätze und Innovationen zusammen auf nationaler Ebene diskutiert. Anschließend wurden sämtliche Informationen aus den unterschiedlichen Ländern zusammengetragen und in folgende 3 Hauptbereiche eingeteilt:
-    Ökonomische Resilienz
-    Technische Effizienz
-    Tierwohl, Umwelt und Gesellschafts-freundliche Produktionssysteme.

Schnell stellte sich heraus, dass die Interessen in jedem Land etwas unterschiedlich verteilt sind. Während die Region in Frankreich großen Wert auf Work-Life Balance legt, will Dänemark und das Baskenland lieber noch was im Management dazu lernen. Während viele sich kompetent in der Tierfütterung sehen, ist ein Teil Deutschlands und den Niederlanden den meisten einen Schritt in punkto ökologischen Fußabrdurck verbessern voraus. Alle Bedürfnisse wurden diskutiert und mögliche Lösungen/Innovatio-
nen wurden anhand eines dafür angefertigten Fragebogens kritisch selektiert. Am Ende wurden 100 für die R4D Community relevanten Lösungsansätze/Innovationen zurückbehalten. Diese wurden näher im Detail betrachtet und in Form von technischen Datenblättern (Factsheets) publiziert. Diese sollten im Optimalfall von einigen Betrieben umgesetzt und beurteilt werden, ob das ein oder andere zur zukünftigen Verbesserung der Resilienz auf dem Milchviehbetrieb beiträgt.

R4D auf einen Blick
Unsere Webseite (https://resilience4dairy.eu/) fasst alle Outputs zusammen. Sie suchen eine Praktikumsstelle oder planen Betriebsbesichtigungen? Alle 120 R4D Pilotbetriebe sind samt Betriebsbeschreibung in der Übersichtskarte (Farm Finder) zu finden.

Zu den oben bereits erwähnten Factsheets, wurden auch mehrere Videos produziert. Diese sind unter Publikationen wiederzufinden, zusammen mit den zahlreichen Webinaren, die während der Projektlaufzeit organisiert und aufgezeichnet wurden.

Sehr interessant war ebenfalls die Webinar Reihe von Jana Hocken zum Thema LEAN Management. Wem der Begriff LEAN als Fremdword erscheint, darf gerne einen Blick ins E-Learning Tab werfen. Neben der allgemeinen Einleitung in das Thema fanden folgende Vorträge statt:
-    die 8 Verlustquellen in einem Betrieb
-    Visuelles Management
-    Standardisierte Arbeitsprozesse.

Ein Blick auf unsere „Resilience4dairy.eu“ Webseite lohnt sich auf jeden Fall. Auch wenn die englische Sprache für so manchen ein Störfaktor ist, jede Menge Informationen sind in mehreren Sprachen verfügbar, ganz nach dem Motto „Wer will, der findet“.

Einmal raus aus der Komfortzone
Wem der internationale Austausch bisher zu kurz kam, trotz holperigem Start in 2021, dem Covid Lockdown, haben wir in den 3,5 Jahren insgesamt 5 große internationale Besichtigungen, so genannte Cross Visits, abhalten können; dies in Irland, Frankreich, Slowenien, Ungarn und Bilbao. Auf dem Tagesplan standen jedes Mal 3-4 Betriebsbesichtigungen, 1 Nachmittag mit aktiven Workshops und ein kultureller Teil. Im Durchschnitt nutzten jedes Mal rund 100 Leute die Gelegenheit sich einmal von zu Hause zu distanzieren und wagten sich in eine ungewohnte Umgebung mit neuen Eindrücken und anderen Sitten. So hatten Landwirte die Möglichkeit sich ein Bild davon zu machen, wie andere Betriebe laufen und konnten sich mit den Leuten vor Ort unterhalten und Erfahrungen austauschen.

Die Grundausstattung eines Milchviehstalles ist quasi überall gleich (Liegefläche, Melktechnik, Tränken, Ventilatoren usw.). Unterschiede gibt es in den vorgeschriebenen Auflagen in den entsprechenden Ländern und in den unterschiedlichen Überlegensweisen der Betriebsleiter sowie deren Möglichkeiten. Von low-cost bis high-tech war von allem etwas zu sehen. In Betrieben mit mehreren Angestellten spielte das Management eine große Rolle um die Arbeitsabläufe möglichst homogen und verständlich für jederemann zu gestalten. Hierzu dienten z.B. Beschilderungen an den Boxen, Arbeits-Protokolle für verschiedene Arbeitsschritte oder aber auch gemeinsame Frühstückspausen um den direkten Austausch mit den Mitarbeitern zu fördern. Neben eher bekannten Eindrücken, wurden uns aber auch einige Innovationen vorgestellt, sowie der Kälbetränkeroboter, die Funktionsweise von einem Exoskelet als körperliche Unterstützung beim Melken oder einer permeablen Liegefläche im Kuhstall und vieles mehr. Auch Einblicke in die Besamungstation Aberekin und in die Produktion von Parmesan/Grana Padano Käse wurde uns gewährt.

Neben dem reinen Fachaustauch wurden aber auch soziale Aspekte sowie die Kultur der verschiedenen Projektregionen gepflegt. So bekamen wir einen musikalischen Eindruck von Ungarn während einem für uns organisiserten Konzert von Schülern aus der lokalen Musikschule. In Italien durften einige das sogenannte Caseus Veneti Event in Padua besichtigen. Hierbei handelt es sich um ihren jährlichen Käsewettbewerb mit Markt zur Verkostung und zum Kauf von sämtlichen Käsesorten, die in der Region produziert werden. In Bilbao bekamen wir den Einblick welch große Rolle Fussball in ihrer Gesellschaft spielt. Gefühlt versammelte sich ganz Baskenland in Bilbao um ihren Fussballverein Athletic Bilbao, Gewinner der Copa Del Rey 2024, zu feiern. Ziel war es bei jeder Reise zumindest etwas mit nach hause zu nehmen und wenn es nur die Feststellung war, dass man ein System oder eine Innovation definitiv nicht umsetzen/einsetzen möchte.

Landwirte sind Unternehmer
Fakt ist, dass trotz unterschiedlichen Rahmenbedingungen, die Milchproduktion quer durch Europa auch gemeinsame Herausforderungen hat:
-    Klimawandel erfordert Anpassungen
-    Generationswechsel bereitet vielen Sorgen
-    Anerkennung in der Gesellschaft ist ein generelles Thema.

Die im R4D Projekt diskutierten Lösungen sind keine Anweisungen, die einem Betrieb zu mehr Resilienz leiten. Es sind nur Inspirationen und je nachdem Denkanstöße, alltägliche Arbeitsprozesse auch mal kritisch zu hinterfragen um den Betrieb immer weiter zu verbessern. Letzten Endes sollte jeder Betriebsleiter seine Ziele definieren, das für sich passende System finden und umsetzen, um seinen Betrieb erfolgreich führen zu können. Die EINE generelle Lösung gibt es nicht.

Alles in allem war es ein erfolgreiches Projekt, auch dank unserer engagierten Pilotbetriebe und NDA Mitglieder, die aktiv mitdiskutiert haben, auf nationaler und internationaler Ebene. So wurden viele neue Kontakte geknüpft und sehr viel Informationsmaterial zusammengetragen und publiziert, damit es sowohl auf schulischer Ebene, aber auch auf beruflicher Ebene genutzt werden kann.

Betrieb Nyakas Farm (HU) Januar 2024: Gruppenfoto.

Betrieb Christian Cordes (DE): Laufhof mit Liegeboxen.

Betrieb Behi-Alde S.Coop. (ES) April 2024: Melkstand draussen.

Betrieb Toni Kuckenberger (SL) Juni 2023: mobile Streichmaschine.

Betrieb Simon Cretnik (Sl) Juni 2023: spezielle Liegefläche.

Betrieb Luignano (IT) September 2022: Tränkeroboter.