Stallbau aktuell:
ALB-Fahrt 2024:„Exkursion für Milchviehhalter“
Die ALB-Lehrfahrt führte am 10. Und 11. September 2024 nach Rothenburg ob der Tauber. Rund 50 Teilnehmer, darunter Landwirte, Berater, Bauingenieure und landwirtschaftliche Auszubildende nahmen an der interessanten Lehrreise teil. Insgesamt standen 6 landwirtschaftliche Betriebe und eine Stadtbesichtigung auf dem Programm. Die Alcovit-Redaktion war wie jedes Jahr mit an Bord und stellt Ihnen die Betriebe in einer kurzen Reportage vor.
Milchhof Weinheim - Abmelkbetrieb
Der erste Betrieb am Morgen war der Milchviehbetrieb der Familie Schröder aus Weinheim. Hier wurde uns ein Konzept vorgestellt, das aus Personalmangel und baulichen Herausforderungen geboren wurde. Nämlich hat der Betrieb seit 10 Jahren mittlerweile, kein Jungvieh mehr, es werden ganze Herden oder Mehrkalbskühe zugekauft, abgemolken und geschlachtet. Am liebsten kauft der Betrieb keine Färsen zu, diese geben oft weniger Milch, haben Anpassungsprobleme und auch ein geringeres Schlachtgewicht als Mehrkalbskühe. Seit nunmehr 2 Jahren, werden keine Besamungen mehr durchgeführt und somit finden keine Kalbungen mehr statt. So konnte der Betrieb das Personal weiter einsparen und trotzdem effizient wirtschaften. Neben dem Milchvieh betreibt der Betrieb auch eine 350kW Biogasanlage, wobei hier durch viele neue Auflagen die Zukunft sehr ungewiss ist.
KNH Milchhof – Kuhbegeisterte Betriebsleiter
In der landwirtschaftlich intensiv genutzten Region mit Acker- und Gemüsebau, sowie Schweinehaltung liegt die „KNH Milchhof GbR“ in Wolpertshausen. Der Betrieb hält 540 Milchkühe mit weiblicher Nachtzucht und betreibt eine Biogasanlage von 530 KW. Bei den Milchkühen wird eine Teil-TMR mit sehr hohem Maisanteil gefüttert – bedingt durch die Flächenknappheit und das hohe Pachtpreisniveau von bis zu 800€/ha. Die betriebliche Flächenausstattung beträgt insgesamt 280 ha.
Der Milchviehstall und das Melkhaus mit einem 36er Innenmelker-Karussell wurden von der GbR im Jahr 2011 bezogen. Seit Januar 2017 wurde dreimaliges Melken auf dem Betrieb eingeführt, so dass das Leistungsniveau der Tiere nochmals um 8 bis 10 Prozent gesteigert werden konnte. Das aktuelle Herdenniveau liegt bei rund 11 000kg Milch pro Kuh und Jahr mit bester Herdengesundheit (Leistung der H-Kühe: 12 000kg, Fleckvieh: 10 500kg). Da das dreimalige Melken nur mit Fremdarbeitskräften zu bewältigen ist, betonte der Betriebsleiter ausdrücklich die Wichtigkeit der Mitarbeiterführung und eine angemessene Bezahlung. Nur so könne gewährleistet werden, dass die Mitarbeiter mit Engagement bei der Sache sind. Außerdem liegen dem Betriebsleiter die Akzeptanz seines landwirtschaftlichen Betriebes und das gute Miteinander der dörflichen Bevölkerung am Herzen. Nur unter diesen Voraussetzungen könne ein landwirtschaftlicher Betrieb in Zukunft in der Gesellschaft anerkannt und bestehen bleiben.
Familienbetrieb Stockert – Rasantes Tempo
Stefanie Stockert (CERES – Award Finalistin) und ihr Mann halten im baden-württembergischen Krautheim 500 Kühe und deren Nachzucht. Die Familie hat das Jungvieh ausgelagert und sich ein zusätzliches Standbein mit der Aufzucht von Masthähnchen aufgebaut. Die Entwicklung des Betriebes hat sich zuletzt enorm beschleunigt, die Herde wurde innerhalb einer Woche von 0 auf 500 Kühe hochgefahren. So hat in der Herde nicht nur die Leistung zugenommen, sondern auch die Tiergesundheit und Fruchtbarkeit ist immer besser geworden. Mit den Weidehähnchen ist der Betrieb zudem erfolgreich in die Direktvermarktung eingestiegen.
Taubertal Wagyu – Vermarktungsprofi
Mit Herz und Verstand züchtet die Familie Richter aus Wolfsbuch seit dem Jahr 2014 Wagyu-Rinder im Taubertal. Die Aufzucht erfolgt tiergerecht, das Wohl ihrer Tiere steht an erster Stelle.
Diese ganz besonders edle Rinderrasse, welche ursprünglich aus Japan stammt, gilt unter Gourmets als diejenige mit dem zartesten & geschmackvollsten Fleisch weltweit.
Dieses Fleisch der absoluten Spitzenklasse verkauft die Familie in diversen Cuts direkt ab Hof.
Aufgrund des Erfolgs in der Fleischvermarktung musste die Familie Richter einen neuen größeren Stall bauen. Nach Besichtigungen von einigen bereits gebauten Ställen und Rücksprache mit anderen Züchtern, hat man sich schließlich für einen „Roundhouse-Stall“ von ID Agro entschieden. Beim Roundhouse handelt es sich um eine offene Konstruktion aus Stahl und modernen Materialien. Dieses „offene Konzept“ und die runde Bauweise bringt im Vergleich zu konventionellen Ställen viele Vorteile für Mensch und Tier mit sich.
Die meisten Vorteile des neuen Stalles dürfen die Wagyus genießen. Die Konstruktion selbst ist auf das Wohl der Tiere ausgelegt und bietet genügend Platz für jedes einzelne Tier. Der durch Fachleute am meisten gelobte Vorteil ist aber die gute Luftqualität im Stall. Durch die offene Bauweise sind die Tiere quasi immer an der frischen Luft, anstatt dicke und muffige Stallluft um sich herum zu haben. Die Bauzeit für den Stall, welcher übrigens der erste seiner Art in Baden Württemberg ist, betrug 80 Tage.
Möck Milch Gbr. – Vollblut Unternehmer
Weiter stand die Besichtigung auf dem Betrieb Möck Milch GbR in Weihenzell auf dem Programm. Ein Höhepunkt war die Verkostung der Wagyu-Burger aus hofeigenem Fleisch. Mit einer Herde von mehr als 1.200 Rindern und 800 Embryonentransfers im Jahr ist die Größenordnung im Vergleich zu Luxemburg enorm. Die Herde besteht vorzugsweise aus Holsteinrindern und auch aus Jersey und Wagyu. Bei etwa 80% der Milchkühe werden Embryonen eingesetzt. Das Schlachtvieh wird direkt am Betrieb geschossen und zur nahegelegenen Metzgerei transportiert, um lange Wege zu vermeiden und die lokale Verarbeitung sicherzustellen. Armin Nürnberger kümmert sich um Biogas und Ackerbau, während das Herdenmanagement in den Händen von Manuel Gärntner liegt. Eine eigens entwickelte App unterstützt bei der Verwaltung. „Besonderes Augenmerk wird auf das Wohlergehen der Tiere gelegt, mit ruhiger Atmosphäre im 2 x 24er Side-by-Side Melkstand (maximal zwei Melker gleichzeitig) und regelmäßiger Klauenpflege vor Ort“, so der Herdenmanager. Die Möck Milch GbR zeichnet sich durch klare Strukturen, Nachhaltigkeit und ein starkes Engagement für das Wohlergehen der Tiere aus, mit verschiedenen Standbeinen wie Landwirtschaft, Biogas und Photovoltaik.
Walter Sans – Kosten im Blick
Die Familie Sans betreibt ihren Vierkanthof schon seit über 45 Jahren. Sohn Walter Sans hat den gesamten Betrieb seit einiger Zeit auf nachhaltige Milchproduktion umgestellt und garantiert die allerbeste Versorgung der 450 Milchkühe mit regionalem Futter und durch artgerechte Haltung. Natürlich hat auch er mit den Herausforderungen zu kämpfen, die fast allen Bauern heute das Leben schwer machen: Nachdem die EU 2015 endgültig die letzten Ausläufer der Milch-Quotenregelung abgeschafft hat, ist die Situation immer noch nicht rosig. Die große Herde ist die Konsequenz einer Weiterentwicklung des Hofs seiner Eltern weg vom Prinzip des reinen Familienbetriebs. Die Idee dahinter: Alle Beteiligten sollen ein sozial verträgliches Leben führen. Das funktioniert nur mit Wachstum und Personal. Heute werden die Kühe in einem 24er Innenmelker gemolken. Somit kann die Hauptaufgabe des Betriebes mit nur 2 Arbeitskräften erledigt werden.
In den alten Gebäuden des Milchhofs Weinheim werden heute nur noch Kühe gemolken. Ab einer Milchleistung unter 12kg/Tag werden sie aussortiert und durch Zukäufe ersetzt.
Gutes Stallklima durch ausreichend Ventilatoren, breite saubere Laufgänge und bequeme Tiefboxen prägen den neuen Stall der KNH Milchhof GbR.
Um Kosten zu sparen hat Familie Stockert sich beim Neubau dazu entschieden, nur noch in der Frischmelkergruppe Fangfressgitter zu installieren.
Ziel des Betriebsleiters vom Taubertal Wagyu war es, einen Stall zu bauen, welcher sowohl innovativ aber vor allem auf das Tierwohl ausgerichtet ist.
Möck Milch Gbr. in Zahlen: 588 Liegeboxen, 6 Tiefstreuboxen (Abkalbeboxen) für ca. 48 Tiere, Side-by-Side-Melkstand mit 2 x 24 Melkplätzen.