Alcovit N° 509
Stallbau aktuell: (von Pit Bosseler)
„Fësch Haff“ Die Kombination von Gemüseanbau und Fischzucht
„Fësch Haff“ ist heute ein innovatives Unternehmen, das sich auf die Forschung rund um die Aquaponik-Technologie spezialisiert hat, um modulare Aquaponik-Systeme für eine nachhaltige, an das regionale Klima angepasste Lebensmittelproduktion zu entwickeln. Die Alcovit-Redaktion hat die beiden Gründer in der neuen Anlage getroffen und ein sehr interessantes Gespräch geführt.
Aller Anfang ist schwer
Vor vier Jahren trafen sich die Gründer des „Fësch Haff“ Manuel Arrillaga und Daryl Fuchs während ihres Masterstudiums in Augsburg. „Daryl sagte, er würde gerne Garnelen züchten“, erinnert sich der gebürtige Mexikaner. Das könnte funktionieren, dachte sich der damalige Biomaterialien-Student darauf hin. Damit war der Stein ins Rollen gebracht. „Als wir den Mangel an frischen Lebensmitteln während der Covid-Pandemie in den Geschäften sahen, dachten wir, wir könnten viele dieser Lebensmittel zu Hause anbauen“, betont Daryl. Es stimmt, dass die Krise die Denkweise vieler Menschen verändert hat. Die Aquaponik-Entwickler haben sich den Fall etwas konkreter in Luxemburg angesehen und stellten fest, dass damals weniger als 5 % des Bedarfs an landwirtschaftlichen Erzeugnissen und weniger als 1 % des Bedarfs an Fisch mit heimischen Produkten gedeckt wurde. Daryl weiter: „Ich rief das Landwirtschaftsministerium an, um herauszufinden, ob Experimente in der Entwicklung waren und welche administrativen und rechtlichen Möglichkeiten es gab, ein solches Projekt durchzuführen.“
Die beiden erhielten daraufhin eine positive Rückmeldung und richteten eine Indoor-Farm zur Aufzucht von Süßwasser Lobstern ein. Da beide Gründer zu dieser Zeit noch in Augsburg studierten, haben sie es so entwickelt, dass per Fernsteuerung alles ausgeübt werden konnte. Es gab eine ganze Reihe von Relais und Sensoren, die es ermöglichten, die Wasserqualität und Klima zu überwachen, zu verfolgen und zu steuern. Dank Kameras konnten sie sehen, ob eines der Krebstiere krank war. Nachdem beide nach einigen Wochen wieder von Augsburg zurückkamen, waren sie erstaunt, was in ihrem Heizungsraum alles herangewachsen war.
Neues Projekt – Neue Vision
Mit diesem Erfolgsergebnis zeigten sich Manuel und Daryl bereit für die nächste Herausforderung. Beide stellen dann für das Landwirtschaftsministerium ein vertikales Farmprojekt vor, das sich der gemeinsamen Produktion von Forellen und Salat widmet. Weder das Gemüse noch der Fisch mögen heißes Wasser, was unter dem Gesichtspunkt des Energieverbrauchs sehr interessant ist, da die Temperatur der Produktion ständig unter zwanzig Grad bleibt. „Tatsächlich gefiel der ASTA die Idee sehr gut. Wir setzten uns zusammen und haben 2021 Hilfe beim Aufbau des Projekts in Machtum erhalten“ fügt Daryl hinzu.
"In der Garage von Machtum haben wir einen einfachen Container von 10m² mit einer Salatproduktion auf vier Ebenen unter LED-Beleuchtung installiert. Wir hatten zwei Fischbecken, eines mit Babyforellen, das andere mit erwachsenen Fischen. Das schmutzige Wasser wurde aus den Fischbecken in den Biofilter geleitet und zu Dünger umgewandelt. Dieser äußerst nährstoffreiche Dünger wird dann dem Gemüse zur Verfügung gestellt. Dies führte in einem guten Zyklus zu einer Produktion von 15 kg Salat pro Woche. Sie wurden an unsere Nachbarn und an das Hotel Ecluse in Stadtbredimus verkauft. Das mag in absoluten Zahlen nicht viel erscheinen, aber es ist ein äußerst interessanter Ertrag für eine so kleine Fläche. In traditionellen Bereichen ist das Verhältnis vierzehnmal niedriger.“ Erklärte uns Daryl.
„Der Haken dieser vertikalen Gemüseproduktion sind die Energiekosten einer solchen Anlage. Die LED-Lichtlampen bleiben mindestens vierzehn Stunden am Tag eingeschaltet, was zu hohen Kosten führte. Wir haben uns dann entschieden, von einer vertikalen Struktur zu einer horizontalen Installation überzugehen. Die Idee war, aus diesem geschlossenen Innenmodell herauszukommen und die Sonne nutzen zu können, die kostenlos ist. So haben wir im August 2022 unser Gewächshaus in Greiveldange die „Horizon Farms Greiveldange“ errichtet. Dieses Projekt wird mit einer RDI-Förderung des Wirtschaftsministeriums unterstützt.“
Parallel haben sie weiterhin ihre Indoor-Farm betrieben und mussten feststellen, dass die Indoor-Produktion der Krebstiere für kommerzielle Zwecke nicht rentabel ist. „Wir haben unsere Vision geändert und sie auf die Versorgung mit Obst und Gemüse ausgerichtet.“, fügt Daryl ins Gespräch ein.
Vom Karpfen zum Salat
Die Aquaponik ist das Herzstück vom "Fësch Haff" und der Schlüssel zur nachhaltigen Lebensmittelproduktion. In einem geschlossenen System arbeiten Fischzucht und Gemüseanbau in Harmonie. Die Fische produzieren natürlichen Abfall in Form von Ammonium und anderen Stoffen. Das verschmutzte Wasser wird in ein Filtersystem geleitet, in dem nützliche Bakterien die Fisch-Gülle in Nitrate umwandeln, die für Pflanzen ein ausgezeichneter Dünger sind. Das mit Nährstoffen angereicherte Wasser gelangt zu den Gemüsepflanzen, die in einer Hydroponik (ähnlich Hydrokultur) wachsen. Die Wurzeln der Pflanzen nehmen die Nährstoffe aus dem Wasser auf und filtern es gleichzeitig. Das gereinigte Wasser wird zurück zu den Fischbecken geleitet, und der Prozess beginnt von vorne. Es ist ein geschlossener Kreislauf, bei dem Fische und Pflanzen voneinander profitieren. Dabei hat man zwei Ernten, einmal gesunde Fische und frischer Salat, der direkt vor Ort angebaut wird ohne Umweltbelastung.