Alcovit N° 447

Stallbau aktuell:
Wieviel Stall braucht die Kuh?

von Armin Fuchs

Mehrhäusige Stallbauten: Eine Lösung zum kostengünstigen Bauen?

Gerade wenn sich sinkende Investitionsbeihilfen und steigende Betriebskosten ankündigen, dann überlegt sich der investitionswillige Landwirt wo er bei Planung und Bau seines neuen Stalles sparen kann. Als Sparmöglichkeit kommt in letzter Zeit immer mehr der Bau mehrhäusiger Ställe in die Diskussion. Aber können damit wirklich die Baukosten gesenkt werden und worauf muss beim Bau mehrhäusiger Ställe geachtet werden?

In der Milchviehhaltung hat sich heute der Außenklimastall durchgesetzt. Auch in klimatisch schwierigen Regionen wie im Norden Luxemburgs besteht kein Zweifel daran, dass die Kuh vor allem vor Wind, Regen, Schnee und im Sommer vor zu starker Sonneneinstrahlung geschützt sein muss. Niedrige Temperaturen sind - aufgrund der Kälteunempfindlichkeit der Kuh- nicht das Problem, solange die die Kuh im Trockenen steht.

Aussenklimaställe sind Stand der Technik

Dementsprechend werden heutige Stallbauten auch mit einer natürlichen Trauf-Trauf bzw. Trauf- Firstlüftung geplant. Ziel ist es dabei, dass die Kühe trocken, ohne Zugluft, bei einem bestmöglichen Luftaustausch gehalten werden. Eine Isolierung spielt, wenn überhaupt nur eine Rolle beim Hitzeschutz im Sommer. Nur so sind optimale Milchleistungen und eine gesunde Herde zu bekommen.

Denkt man dieses erfolgversprechende Konzept weiter, so kommt man schnell zu der Frage, ob denn der ganze Stall überdacht werden muss. Oder ist es vielmehr möglich, dass Laufgänge und andere Bereiche, in denen die Kuh sich nur zeitweise aufhält, auch ohne Dach auskommen. Mehrhäusige Stallbauten, die nicht aus einem Dach über den ganzen Stall, sondern aus mehreren kleinen Dächern bestehen, bieten genau das.  Typisch für diese Bauform ist:

1. Die Laufgänge oder zumindest Teile davon bleiben ohne Überdachung.

2. Die „trockenen“ Bereiche (Liegeboxen, Futtertische, Melken) werden durch einfache Dachkonstruktionen überdacht.

Auf diese Art und Weise lässt sich deutlich an Gebäudevolumen einsparen

(siehe Abbildung 1). Der Spareffekt kommt vor allem dadurch zustande, dass kein First ausgebildet werden muss und auch keine Belüftungs- und Lichtelement im Dach bzw. First eingebaut werden müssen. Gleichzeitig ist bei reduzierter Gebäudegröße der statische Aufwand für die Konstruktion und die Fundamente geringer.

Dem gegenüber steht ein mehr an Dachrinnen, Stützen und eine größere Anzahl  an einzelnen Fundamenten. Außerdem bleibt zu beachten, dass Niederschlagswasser, welches auf nicht überdachte Laufgänge fällt, aufgefangen werden muss und so die notwendige Güllelagerkapazität erhöht.

Bis zu 30% reduzierte Baukosten

 

Zeichnung Bauvolumen
Abbildung 1: Reduziertes Bauvolumen bei einem mehrhäusigen Stall im Vergleich zu einem
konventionellen Stall (Beispiel: Milchviehstall für 2 Melkroboter und ca. 120
Milchkühe + Trockensteher und Abkalbeboxen, Quelle: Agro-Projekt; www.agro-projekt.lu)

Eine Untersuchung unterschiedlicher Bautypen durch die Bayrische Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Landtechnik, Bauwesen und Umwelttechnik aus dem Jahr 2006 hat gezeigt: Mehrhäusige Ställe bieten im Vergleich mit einhäusigen Stallbauten ein Einsparungspotential von 10 – 30 %. Entscheidet dabei ist die Ausführung des Gebäudes. Das heißt, geringe Spanweiten, einfache Dachkonstruktionen und einfacher Unterbau bedeuten großes Einsparpotential.

Doch gerade der Unterbau ist dabei auch der Knackpunkt. Auf einer flachen Ebene ist ein hohes Einsparpotential möglich. Wird auf einen Güllekeller unter dem Stall verzichtet, können die Fundamente für die vielen Stützen der mehrhäusigen Gebäude einfach in Form von Punktfudamenten erstellt werden. Wird jedoch in Hanglagen gebaut, fallen in jedem Fall erheblich Erdbewegungen und Stützkonstruktionen aus Beton an. Deren Anteil an den Gesamtkosten des Baus ist meistens so hoch, dass die Ausführung des Oberbaus nicht mehr so ins Gewicht fällt.

Mehrhäusige Stallbauten bieten aber auch, unabhängig von den Kosten, weitere Vorteile. Einer liegt in der besseren optischen Erscheinung solcher Stallbauten.

Stall
Optisch ansprechend gestaltetes Mehrhäusiges Stallgebäude

So werden bei bestehenden Höfen die Altgebäude nicht durch mächtige Neubauten in den Schatten gestellt. Ganz im Gegenteil, sie werden durch die niedrigen, evtl. auch flachen Dächer des mehrhäusigen Stalles aufgewertet und hervorgehoben.

Auch funktionell bieten diese Stallbauten Vorteile. Mit mehreren kleinen

Dächern lassen sich Grundrisse gestalten und Funktionsbereiche anordnen, die sich unter einem Dach nur schwer zusammenbringen lassen. Gerade auch für die wachsende Zahl der Biobetriebe, die immer auch einen Auslauf garantieren müssen, bietet das Konzept des mehrhäusigen Stalles mehr Gestaltungsspielräume.

Besonderheiten in der Planung

Hat man sich für einen mehrhäusigen Stallbau entschieden, stellt sich die Frage, was es bei der Planung zu berücksichtigen gilt. Hier sollte auf folgende Besonderheiten geachtet werden:

-   In mehrhäusigen Ställen herrschen im Winter niedriger Temperaturen als im konventionellen Stall. Deswegen sollten die Laufgänge mit Asphalt oder Gummimatten ausgestattet sein. Diese frieren erst bei ca. -12 °C, Betonflächen jedoch schon bei -5°C. Somit können Entmistungsanlagen auf Asphalt oder Gummiflächen länger in Betrieb bleiben.

-   Entmistungsachsen sollten gerade und frei zugänglich sein. Dann kann beim Ausfall von Schieberanlagen der Traktor oder Hofschlepper zur Entmistung eingesetzt werden.

-   Das Melkzentrum muss klimatisch abgetrennt und beheizbar sein. So bleibt für den Melker bzw. den Melkroboter ein Temperaturbereich, in dem bei angenehmen Temperaturen sicher gearbeitet werden kann.

-   Die Ausrichtung des Stalles sollte mit einer Traufseite nach Süden oder Südosten (Gebäude ist nach Ost-West ausgerichtet) erfolgen. Bei  Pultdächern sollten diese nach Süden ansteigen. So fällt auch im Winter bei niedrigem Sonnenstand noch genügend Sonnenlicht auf die Laufgänge und hält diese länger frostfrei. Dies wird besonders dann erreicht, wenn die Traufhöhe in etwa 1/3 der Stalltiefe beträgt.

-   In unseren Breiten bedeutet eine Ost-West Ausrichtung, dass das Gebäude längs der Hauptwindrichtung ausgerichtet ist. Mit dieser Ausrichtung erreicht man in mehrhäusigen Gebäuden auch eine optimale Querlüftung der Laufgänge und eine optimierte Luftzirkulation im gesamten Stallgebäude (siehe Abbildung 2).

Luftführung
Abbildung 2: Luftführung in mehrhäusigen Stallgebäude (Quelle: Bauliche Maßnahme zur
Minderung von Hitzestress, ILT 2008)

Von Fall zu Fall prüfen und entscheiden

Aufgrund der genannten Vor- und Nachteile mehrhäusiger Stallbauten ist es wichtig, von Fall zu Fall zu prüfen und zu entscheiden, ob ein mehrhäusiges Stallgebäude insgesamt (kostenmäßig und funktionell) vorteilhafter ist. Pauschal kann man aber sagen: Mehrhäusige Stallgebäude sind vor allem dann kostengünstig, wenn konsequent auf diesen Bautyp gesetzt wird. Das heißt einfache Dachformen (Pultdächer) und einfache Dachkonstruktionen (geringe Spannweiten), evtl. Verzicht auf einen Güllekeller.

Auch wenn mittlerweile diese Bauform von der Naturverwaltung akzeptiert wird, so ist es jedoch notwendig, dass konkrete Projekt mit den Genehmigungsbehörden auf die Genehmigungsfähigkeit abzuprüfen. Die Bauberater von Agro-Projekt von ALCOVIT helfen Ihnen hier gerne weiter.

 

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